Wenn euch jemand fragen würde, ohne welche Dinge ihr niemals auskommen könntet, was würdet ihr antworten? Die Lieblingshandtasche? Der ipod? Die Acne-Boots? Würde euch überhaupt was einfallen? Ich lese relativ viele andere Blogs (im Gegenzug liest niemand außer Madmoiselle Pepsa diesen hier ;) und bin gelegentlich erstaunt und erschüttert und die Wertprioritäten. Bei einigen Damen, und wir sprechen hier von unglaublich hübschen, smarten, modernen Frauen, scheint der einzige Sinn der Existenz darin zu bestehen, möglichst viel "Zeug", ungeachtet der Ausprägung anzuhäufen. Egal ob Schuhe, Taschen, Kosmetik, Pflegemittel, überall nur Haul-Berichte, Vorstellungen von neuen Kollektionen und Neu-Erworbenem. Kann es sein, dass es diese Dinge sind, die uns definieren? Mir fällt es so schwer das zu glauben. Ich will jetzt nicht mit der Psychologie-Keule ausholen und euch mit Theorie über primäre und synthetische Glücksempfindungen ausknocken, aber Fact ist, an dieser seltsamen Idee "notwendige" Dinge und Dinge, die einen glücklich machen, käuflich erwerben zu können, hängen Billiarden-schwere Industrien.
Was würde euch durch den Kopf gehen, wenn euch von heute auf morgen alle weltlichen Besitzer entrissen würden? [Wohlwissend, dass es auf dem ganzen Globus Menschen gibt, denen dies täglich widerfährt, ohne das westliche Medien es abbilden....]Für einige von euch würde sicher eine Welt zusammenbrechen. Ich muss ganz aufrichtig schildern, dass ich mich mehr als befreit fühlen würde. Im wahrsten Sinne des Wortes eine Entlastung. Hinfort mit all diesen beschwerenden Dingen, die einen an Orte und Menschen ketten. Alles was statisch macht, bremst auch. Dieser Gedanke ist so schade. Letzten Herbst habe ich meinen Rucksack gepackt und mich auf den Weg gemacht einen Freund im schwedichen Abisko zu besuchen. Das ist ganz im Norden von Lappland. Einfach direkt hin, wäre zu einfach und langweilig gewesen, also beschloss ich, ein one-way Ticket nach Koppenhagen zu kaufen und von dort aus zu improvisieren. Also Koppenhangen, Stockholm, Abisko, per Anhalter, per Zug, hat perfekt funktioniert. Und bereits dort deutete sich an, was mir später immer bewusster wurde. Mir fehlt nichts! und ALLES funktioniert bestens, viel besser als ich es hätte jemals planen können. Da in Abisko der Kungsleden (bedeutet übersetzt der König aller Pfade) beginnt, dachte ich es wäre schade in dieser traumhaften Szenerie zu sein ohne sie zu erfahren. Also gings zu Fuß mit dem Zelt im Backpack 600km durch die Berge nach Nikkaluokta und zurück. Je weniger ich dabei hatte, je weniger Dinge klar und vorgegeben waren und je weiter man Abstand gewann, desto wundervoller wurden die Empfindungen. Dort oben gibt es keinen Empfang, falls jemand dies denken sollte. Und es ist ein tolles Gefühl zu wissen, dass man nicht mit Hilfe rechnen muss, sollte etwas passieren. Zurück in Abisko, faste ich durch tolle BEkanntschaften entlang des Höhenzugs den Beschluss mir die Lofoten anzusehen ( danke Sean für diesen fantastischen Input!). Also per Anhalter von Abisko nach NArvik, von dort per Anhalter auf die Lofoten. Dort erzählte mir ein reizender alter Herr, dass es eine Strecke gibt, die entlang der ganzen Fjörde die Küste entlang über unglaubliche Brücken führt, die Atlantic-Road. Also per Anhalter von den Lofoten aus nach Bodo, von Bodo per Anhalter ( diesmal auf einem Schiff) drei Tage lang nach Trondheim, von Trondheim per Anhalter nach Oslo. Tage gefüllt von Herzlichkeit, Aufrichtigkeit, tollen Geschichten, soviel Menschlichkeit und Wärme. Wie könnte man auf die Idee kommen irgendwas zu vermissen? NAch knapp zehn Tagen in Oslo brannte es mal wieder in den Füßen. Also ab nach Island. In drei Wochen dort die Insel umrundet, ein zweites Zuhause gefunden, unglaublich wundervolle Dinge erlebt und drei Tage vor meiner letzten Uni-Prüfung einen Flug nach Düsseldorf gebucht. Auf Island macht ich eine zauberhafte Bekanntschaft mit Ben aus Neuseeland, der gerade aus Südamerika dorthin geflogen war um sich ein Kontrastprogramm zu gönnen. Ben reiste ( schon den 13.en Monat...) mit einem Rucksack entsprechend der Größe, die jeder Student hier täglich mit zur Uni nimmt. Auf die Frage hin, wie es mit so wenig Dingen auskommt, antwortete Ben er sei auch mit einem großen Backpack aus Neuseeland aufgebrochen, habe aber in den letzten Monaten entdeckt, dass je weniger er bei sich hatte, desto freier und unbesorgter war er. So reduzierte er sie im Laufe der Zeit aufs Wesentlichste. Wenn man von so tollen Reisen zurück kommt und die eigene Wohnung betritt, ist man fast angeekelt von der Sinnlosigkeit der dort angehäuften Sachen. Während sich manche anderen schnell wieder daran gewöhnen, bin ich die zwei Monate danach immer damit beschäftigt alles los zu werden, was bremst und bindet. Meine Freunde schütteln dann immwer ungläubig den Kopf wie man Comic XY oder Platte XY einfach abgeben kann. Wenn die wüssten wie gut es tut sie nicht zu besitzen.... :)
In knapp zwei Wochen gehts auch für mich nach Südamerika. NAtürlich one-way, denn alles was perfekt ist, kann man nicht planen sondern muss es einfach passieren lassen. Ich weiß jetzt jedenfalls, dass alles was ich jemals zum Leben brauche in mein Herz, meinen Kopf und meinen Rucksack passt und das ist eine Last, die ich nur allzu gerne trage. Gefühle, Erinnerungen, Eindrücke, Neugier und Tatendrang.
Mit ein paar Bildern des Trips lasse ich euch zurück und wünsch euch einen schönen Start in den Sommer.